Der 116. Psalm - SCHÜTZ, SCHEIN, SCHEIDT ANNO 1616
Die beiden Karlsruher Kammerchöre, Kammerchor der Christuskirche und KIT Kammerchor, bringen in ihrem gemeinsamen Konzert im Rahmen der 50. Heinrich-Schütz-Tage Vertonungen des 116. Psalmes zur Aufführung. Die »wunderliche Errettung Gottes«, die dem Jenaer Kaufmann und Juristen Burckhard Grossmann 1616 widerfuhr, war der Anlass eines großangelegten Kompositionsauftrages: sechzehn mitteldeutsche Komponisten sollten eine fünfstimmige Vertonung des vollständigen 116. Psalmes komponieren. Doch keine Angst; in unserem Konzert erklingen nicht alle 16 Vertonungen des 116. Psalmen – sondern lediglich eine feine Auswahl.
Mitwirkende
Kammerchor der Christuskirche
Kammerchor des Karlsruher Instituts für Technologie
Leitung: Peter Gortner, Nikolaus Indlekofer
Violinen: Steffen Hamm, Gundula Jaene
Orgel: Stefan Fritz
Posaunen: Julian Huß, Bastian Robben, Jasper Tan
Zink: Arno Paduch
Gambenconsort Les Escapades:
Viola da Gamba: Sabine Kreutzberger, Barbara Pfeifer
Violone: Adina Scheyhing
Programm
HEINRICH SCHÜTZ (1585-1672)
»Jauchzet dem Herrn« SWV 36a
Kammerchor der Christuskirche und KIT Kammerchor
JOHANN HERMANN SCHEIN (1586-1630)
»Das ist mir lieb«
Kammerchor der Christuskirche
HEINRICH SCHÜTZ
»Das ist mir lieb« SWV 51
KIT Kammerchor
MICHAEL PRAETORIUS (1571-1621)
»Das ist mir lieb«
KIT Kammerchor
CLEMENS THIEME (1631-1668)
Sonate à 5 Viole e-Moll
MICHAEL ALTENBURG (1584-1640)
»Das ist mir lieb«
Kammerchor der Christuskirche
CLEMENS THIEME (1631-1668)
Sonate à 5 Viole d-Moll
HEINRICH SCHÜTZ
»Wohl dem, der den Herren fürchtet« SWV 30
Aus: Psalmen Davids op. 2 Nr. 9, Dresden 1619
Kammerchor der Christuskirche und KIT Kammerchor
ZUM PROGRAMM
Die beiden Karlsruher Kammerchöre bringen in ihrem gemeinsamen Konzert im Rahmen des 50. Internationalen Heinrich-Schütz-Festes Vertonungen des 116. Psalms zur Aufführung. Die »wunderliche Errettung Gottes«, die den Jenaer Kaufmann und Juristen Burckhard Grossmann 1616 widerfuhr, war der Anlass eines großangelegten Kompositionsauftrages: Sechzehn mitteldeutsche Komponisten - darunter Schütz, Schein, Praetorius und Altenburg - sollten je eine fünfstimmige Vertonung des vollständigen 116. Psalms komponieren. Welcher Gestalt die »grosse Wolthat« und »wunderliche Errettung« war, verschweigt Grossmann. Denkbar ist die Genesung von einer schweren Krankheit, das Überleben eines Unfalls oder die Befreiung aus einer misslichen beruflichen Lage. Jedenfalls sieht der Steuerbeamte und Hobbydichter Grossmann das musikalisch vertonte Wort als die geeignete Form an, Gott für die erwiesene Hilfe zu danken. Dass die Wahl Grossmanns auf den Psalm 116 fiel, ist nur folgerichtig, bringt doch kein anderer Text des Psalters so deutlich den Dank des gläubigen Menschen für eine Rettung aus den »Stricken des Todes« zum Ausdruck.
Unser heutiges Konzertprogramm möchte diese einzigartige Sammlung wieder in das Bewusstsein rücken. Neben der Auswahl aus den Werken von 1616 erklingt auch eine Sonata für Gamben und Geigen des früh verstorbenen Schütz-Schülers Clemens Thieme, der Heinrich Schütz nur um wenige Jahre überlebt hat.
Clemens Thieme erlernte bereits in jungem Alter die ersten musikalischen Grundlagen bei dem Theorbisten Philipp Stolle (1614-1675) in Dresden. Im Alter von 11 Jahren begleitete er im September 1642 Heinrich Schütz und Matthias Weckmann als Kapellknabe nach Kopenhagen. Nach Einsetzen des Stimmbruchs kehrte er nach Dresden zurück, wo er auf Kosten des Kurfürsten Unterricht auf verschiedenen Instrumenten erhielt. Im Jahr 1651 wurde er Instrumentalist in der kurfürstlich-sächsischen Kapelle, wo er vom Vizekapellmeister Christoph Bernhard in Komposition unterrichtet wurde. Nachdem er sich 1663 vergeblich um eine Anstellung in Hamburg bemüht hatte, wurde er auf Vermittlung von Heinrich Schütz zum Oberinstrumentenmeister, später als Konzertmeister in die neu gegründete Hofkapelle des Moritz von Sachsen an den Hof in Zeitz berufen.
Hier starb er bereits im Jahr 1668.
Abschließend musizieren wir eine doppelchörige Motette aus den Psalmen Davids des Hauptakteurs Heinrich Schütz. Der ausführliche Titel der Sammlung von 1619 weist schon in der Formulierung die Besetzungsmöglichkeiten auf:
Die Psalmen Davids sampt etliche Motetten und Concerten mit 8 und mehr Stimmen, nebenst andern zweien Capellen / daß dero etliche auff drey und vier Chor nach beliebung gebraucht werden können.
Sechs Psalmen anno 1616 möchten Sie einladen die vielseitige Musik Heinrich Schützens und seiner Zeitgenossen zu erleben und der existenziellen Dankbarkeit Grossmanns etwas näher zu kommen.
Peter Gortner